#25 Seeseiten imteam: Johannes über Destina

#25 Seeseiten imteam: Johannes über Destina

Ich hab damit nicht gerechnet, ganz und gar nicht.
Destina hat bei uns ein Praktikum gemacht, sie hat – und das ist durchaus außergewöhnlich, vollkommen unabhängig davon, wie alt jemand ist, woher er oder sie kommt, was er oder sie gelernt hat – das Alphabet, also das Einsortieren nach dem Alphabet, anwenden können. Fehlerlos. Als ich sie vorher gefragt hab, ob das eh kein Problem ist – die Bilderbücher zu sortieren nämlich – und ob sie das versteht, dass ‚Bauer, Jutta‘ vor ‚Bright, Rachel‘ kommt, da hat sie mich mit einem Blick angeschaut, der gleich mehrere Fragen auf einmal gestellt hat, in meinem Kopf zumindest hat er das. Nämlich, ob ich das jetzt echt gefragt hab, ob sie mich drauf ansprechen kann und ob ich die Frage ernst gemeint habe. Und inwendig bin ich sofort ins Stottern gekommen, weil ich nicht daran gedacht hab, dass meine Frage, außer einer Frage auch eine Unterstellung sein kann. Wenn ich nervös bin, dann mache ich oft, was wahrscheinlich viele Männer machen: Ich fang an zu erklären oder ich wollte zumindest. Es hat aber nichts zu erklären gegeben, weil wie ich schon zu meinem Sermon ansetzen wollte, so ungefähr: „Weißt du das?; So funktioniert Buchlogistik, das macht ein Verlag, das macht eine Autorin, weißt du wie man im Buch den Unterschied zwischen Illustratorin und Autorin erkennt, weißt du etc…?“, und da sagt Destina: „Ja, weiß ich!“, und erklärt mir das. Das alles, mit Verlagen und Buchbranche und Auslieferungen und Meldenummern etc., etc.

Dass sie im Wiener Landes-Jugendredewettbewerb mit 15 Jahren Zweitplatzierte wurde, mit ihrer Rede zum Thema „Warum Bücher so wichtig sind“ (Sie ist mit ihrer Rede sogar ins Bundesfinale gekommen), hab ich auch nicht gewusst, das hat mir dann erst Silvia erzählen müssen, weil bescheiden.
Destina führt mir nicht nur regelmäßig vor Augen, (und da muss ich mich immer zusammenreißen, positiv zu denken, aber gleichzeitig auch mit mir ehrlich zu bleiben) was für eine Nulpe ich mit fünfzehn oder sechzehn war, was für ein absolut selbstbremsender Vollwaschautomat ohne Trockner (bitte entschuldige sechzehnjähriges Ich, aber es hilft nix, es ist die Wahrheit), sondern vor allem auch, was diese junge Frau noch erreichen kann, was sie alles managt, wie unfassbar motiviert sie ist, wie vielfältig interessiert und wie sehr sie fähig und bereit ist, Neues zu entdecken, Grenzen zu überschreiten und das zu erlesen und zu erlernen, was sie noch nicht kennt.

Destinas Türkischer Spinatkuchen – mit einem Klick geht’s zum Rezept

Überzeugt, dass diese, genau diese besondere und beeindruckende, vielschichtige und überlegte Person unbedingt bei uns in die Lehre gehen muss, hat mich nicht, was sie schon gewusst hat, sondern, wie sie reflektiert, wie sie nachgedacht und abgewogen hat, wie sie überlegt hat, was sie grade überlegt hat. (Pratchett nennt das in einem seiner ernsteren Momente ‚zweite und dritte Gedanken‘, wenn man überlegt, was man grade überlegt und dann auch darüber nachdenkt, was man gerade gedacht hat. In seiner fantastischen Welt ist das eine der Grundvoraussetzungen dafür, eine Hexe sein zu können, was wohl das Positivste, Weiseste und Beste ist, was Menschen in seinen Welten sein können.)

Destinas Rede rührt mich immer noch zu Tränen (gut, ok, das geht bei mir recht leicht). Die Überzeugung und der Wille, mehr zu entdecken, mehr zu sehen, mehr zu lernen, die Freude darüber, dass es noch so viel gibt, was man nicht wissen kann, die Gedanken an all die ungelesenen Bücher, all die Geschichten, Persönlichkeiten und Sichtweisen, die es noch zu begreifen und zu entdecken gibt, diese Freude strahlt regelrecht aus ihren Augen, genauso, wie die Gedanken. „Hab ich was übersehen?“, „Ist das so richtig?“. Dieses Nachdenken ist Fluch und Segen zugleich, der Wille zum Guten macht manchmal den Unterschied, genauso die Fähigkeiten, der Verzweiflung und Ermüdung, die das Nachdenken zwangsläufig mit sich bringen, nicht nachzugeben, die Fähigkeit der Resilienz also.
Destinas berufliche Entwicklung, an der wir seit über einem Jahr teilhaben dürfen, ist beeindruckend und unfassbar zugleich, ihre Arbeit wertvoll, bereichernd und beruhigend. Von ihrem unglaublichen Humor und ihrem Mut hab ich noch gar nicht angefangen zu schreiben, fällt mir grade auf.
Hört dieser Buchhändlerin zu. Danke!

Was sind deine aktuellen Lieblingsbücher?
Sarah J. Maas: „Das Reich der sieben Höfe. Flammen und Finsternis“
Taylor Jenkins Reid: „Carrie Soto is Back“
William Boyle: „Shoot the Moonlight out“

Was ist das erste Buch, an das du dich erinnerst?
Roald Dahl: „Charlie und die Schokoladenfabrik“

Wie würde deine Biografie heißen?
„Als ich lernte, wie ein Stern zu sprechen“


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