Unentdeckt

Annette empfiehlt

„Unentdeckt“ von Gabriela Wiener

Nach dem Tod ihres Vaters begibt sich Gabriela Wiener in diesem autobiografischen Roman auf Spurensuche in ihrer Familiengeschichte. Dabei deckt sie nicht nur das Doppelleben ihres Vaters auf, sondern geht auch der Vergangenheit ihres Ururgroßvaters nach. Dieser hatte im 19. Jahrhundert im Streben nach Erfolg tausende erbeutete präkolumbianische Artefakte im Namen der Wissenschaft nach Europa gebracht, aber zeitgleich Frau und Kind in Peru zurückgelassen. Die Auseinandersetzung mit diesem „Erbe“ führt unweigerlich zu einer Reise zu sich selbst, in der die peruanische Schriftstellerin subtil und zugleich aufwühlend komplexe Beziehungen entschlüsselt und der Frage nachgeht, wie sehr das eigene Selbstverständnis durch die Außenwelt
und die immerwährende Suche nach Anerkennung geprägt wird.

Dabei haben mich ihre ehrliche und direkte Erzählweise und Reflexion von Erlebnissen und die Verflechtung von Geschichte und Gegenwart beeindruckt. Kraftvoll geht Gabriela Wiener nicht nur ihrer eigenen Biografie auf den Grund, sondern behandelt gesellschaftlich relevante und aktuelle Themen von Identität, Entfremdung, Zugehörigkeit und Komplexität menschlicher Beziehungen. Die Suche nach einem Platz in der Welt und der Umgang mit der eigenen Unsicherheit, in einer normativ denkenden
Gesellschaft unentdeckt zu bleiben, hallt noch lange nach dem Lesen nach. (AP)


Gabriela Wiener

„Unentdeckt“, Kanon 2025

978-3-9856816-5-5