#62: Gleiche Rechte für alle: Am 8. März ist feministischer Kampftag!
Von Adrienne Pötschner, Alexandra Sack und Johannes Kößler
Am 8. März 2025 ist feministischer Kampftag, auch bekannt als internationaler Frauentag oder Weltfrauentag. Der Tag rückt die Ungleichbehandlung und Diskriminierung von Frauen in den Vordergrund und steht für den Kampf für eine gerechte Behandlung beider Geschlechter. Sexismus, geschlechterbedingte Diskriminierung und Gewalt gegen Frauen sind im weiblichen Alltag nach wie vor allgegenwärtig – und das täglich an jedem Tag des Jahres und weltweit. Dementsprechend ist grundsätzlich jeder Tag des Jahres ein Ringen um Gleichberechtigung und daher feministischer Kampftag. Alex, Johannes und ich haben eine Auswahl an feministischen Lektüre-Empfehlungen für euch zusammengestellt – für jetzt und jeden anderen Tag des Jahres.
Unbehagliche Schönheit: Suzumi Suzukis Novelle „Die Gabe“
In der Novelle „Die Gabe“ der japanischen Autorin Suzumi Suzuki spielt Feminismus auf mehreren Ebenen eine zentrale Rolle. Die Geschichte wird erzählt aus der Perspektive einer namenlosen Ich-Erzählerin, die als Hostess im Tokioter Rotlichtmilieu arbeitet und sich daneben um ihre sterbenskranke Mutter kümmert und von dieser Abschied nimmt. Was es für eine Frau bedeutet, wenn sie den eigenen Körper verkauft, wird von der Autorin genauso aufgegriffen wie die eher schwierige Beziehung zwischen Mutter und Tochter. In Rückblenden erfährt man sowohl einiges über die Mutter als auch die Tochter, und welches Ereignis ihre gemeinsame Beziehung erschüttert und geprägt hat. Im Laufe der Handlung thematisiert die Autorin außerdem, was Schönheit für Frauen bedeuten kann und wie sich das äußere Erscheinungsbild darauf auswirkt wie man als Frau wahrgenommen und behandelt wird. Die Novelle ist sprachlich sehr reduziert und nüchtern gehalten. Dies ist für die Geschichte insgesamt von großem Vorteil, da der feministische Fokus so in den Vordergrund rückt und nicht von opulenter Sprache übertüncht wird. Große Leseempfehlung für Leser*innen von „Kim Jiyoung geboren 1984“ und „Die Vegetarierin“ und ein Muss für Feminist*innen! (ALP)



Klassikerin neu zu entdecken: Maria Messinas Roman „Das Haus in der Gasse“
Noch bin ich mittendrin in dem, um 1921 erschienen hypnotischen Roman der sizilianischen Autorin, rund um Antonietta und ihre jüngere Schwester Nicolina, die samt und sonders an den berechnenden und herrschsüchtigen Don Lucio veräußert werden, nachdem ihr Vater in finanzielle Schwierigkeiten geraten ist. Antonietta als Eheweib, Nicolina als Dienstmädchen, als Gnade für das Kind, natürlich, wer kümmert sich denn sonst um sie.
Im Gegenzug übernimmt Don Lucio die gescheiterten Projekte des Vaters und schickt sogar der Mutter hin und wieder etwas Geld, von dem sie ihm genauestens zu berichten hat, wofür sie es ausgegeben hat.
„Das Haus in der Gasse“ ist die eiskalte Wirklichkeit hinter all dem Dolce-Vita-Gedöns, ist die Lebensgeschichte einer Zwangshochzeit mitten im kultivierten Europa in der sogenannten guten, alten Zeit. Maria Messina beschreibt die Wände, die Gasse, das morgendliche Kämmen am kahlen Gattenschädel – das die kleine Schwester zu besorgen hat – die Handgriffe, die zu tun sie dankbar sein darf, ohne auch nur ein Wort des Dankes zurückzubekommen, so hypnotisch und so echt, dass es unmöglich erscheint, den Mythos um das ach so lebensfröhliche Italien jemals wieder ernst nehmen zu können. Don Lucio selbst ist dabei ein Bösewicht und doch keiner, denn klar ist, dass er alles tut, was er gelernt hat und was die Gesellschaft ihm abverlangt, sogar einen Arzt lässt er holen für sein krankes Kind. Und dann, hin und wieder, fragt ihn sein Gewissen doch auf eine verdrehte, verquere und gleich mit der Frage auch wieder verworfene Art und Weise, ob das alles rechtens und gut ist, was er tut. Denn nachdem der Arzt das Kind behandelt hat, kann ihm wahrlich niemand mehr vorwerfen, ein Unmensch zu sein, nichts getan zu haben für seine Familie.
„Das Haus in der Gasse“ ist in der Flut der Neu- und Wiederentdeckungen ein düsterer, unruhiger Segen, ein lesenswerter allerdings, der narzisstischen Chauvinismus als die alte, zerstörerische, zersetzende Kraft entlarvt, als die sie seit Jahrzehnten, Jahrhunderten wirkt. (JK)
Die Farbe des Wahnsinns
Bei Charlotte Perkins Gilmans Kurzgeschichte „Die gelbe Tapete“ handelt es sich um einen autobiographischen Text, der Ende 19. Jahrhundert entstanden ist. Es geht darin, basierend auf den Erfahrungen der Autorin, um eine psychisch kranke Frau.
Der Protagonistin wird eine Ruhekur verschrieben, da sie nach der Geburt ihrer Tochter unter einer Wochenbettdepression leidet. Von ihrem Mann wird sie in ein Zimmer gesperrt, dessen einziger Reiz eine gelbe Tapete ist und dort verfällt sie dem Wahnsinn. Aufgrund dieser Kurzgeschichte hat der reale Arzt, der der Autorin Charlotte Perkins Gilman eine Ruhekur verschrieben hat, seine Behandlungsmethoden geändert um seinen Patienten tatsächliche Linderung zu verschaffen und Psychosen nicht noch zu verschlimmern. Ein aufwühlendes, beklemmendes Meisterwerk der amerikanischen Literatur der Moderne und ein feministischer Leseklassiker. (AS)

Wir freuen uns sehr, wenn ihr neugierig geworden seid auf unsere drei feministischen Lieblingsromane. Hier geht’s zu den besprochenen Büchern und anderen feministischen Lieblingen im Onlineshop.
Natürlich haben wir in der Buchhandlung noch viel mehr zum Thema und freuen uns, wenn ihr uns in der Buchhandlung für viele weitere Empfehlungen besuchen kommt – wir freuen uns seitenweise auf euch!