Die Heimreise
von Vladimir Vertlib
Lina hat sich „freiwillig“ gemeldet, das karge Land Kasachstans in den Sommerferien urbar zu machen. Die Studentin lebt mit vielen anderen jungen Frauen unter ärmlichen Bedingungen und wartet auf die Geräte, die ihnen das Ausführen des Freiwilligendienstes ermöglichen würden, als sie die Nachricht erreicht, dass ihr Vater im Sterben liegt. Die Matrone erteilt ihr die Erlaubnis zur Abreise und kurzerhand macht sich Lina am Traktor des Bauern auf, nach mehrstündiger Arbeit den nächsten Verkehrsknotenpunkt zu erreichen.
Wir befinden uns in den 50er Jahren. Stalin ist vor kurzer Zeit gestorben, der Personenkult um den größten „Lehrer und Führer“ aller Zeiten als unkommunistisch erklärt worden und das gigantische Reich der Sowjetunion steht vor einer unfassbaren Zeit des Umbruchs.
Mit leisem Witz, ungläubigem Staunen und an Schrecken grenzender Faszination folgen wir einer jungen Frau, die
pragmatisch und ohnmächtig zugleich, einem gigantomanischen Staatsapparat ausgesetzt, auf dem Weg ist, ihrem sterbenden Vater ein letztes Mal in die Arme zu nehmen.
„Die Heimreise“ ist berührend, punktgenau und entlarvend. Politisch wie persönlich bleibt Vladimir Vertlibs Roman ehrlich und nahbar und trotzdem perfekt komponiert. Angelehnt an die Geschichte seiner Mutter erzählt der Autor nichts weniger als die Geschichte eines Landes, seiner unzähligen Völker und Menschen und den Folgen unmenschlichster Diktatur und Angstherrschaft. Eine Odyssee, leichtfüßig und doch die ganze Last der Geschichte auf sich nehmend, ist „Die Heimreise“ ein Buch, wie es Isaac Singer nicht besser erzählen könnte, beeindruckend und absolut lesenswert!
Residenz 2024
978-3-7017-1783-5
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