#11 Was macht die eigentlich immer?
… Das fragen sich bestimmt einige von euch. Wochenlang ist sie nicht im Geschäft, die Chefin, arbeitet die überhaupt noch hier?
Ja, das tue ich. Aber dank eines großartigen Geschäftspartners und einem tollen Team, kann ich mich richtig gut freispielen und meinem Hauptjob zur Gänze widmen. Die Seeseiten Buchhandlung ist sozusagen mein Hobby. Ja, ich gebe zu, es ist ein bisschen eines, das sehr viel Raum einnimmt, aber nicht meine Lebenskosten finanziert.
Ich bin der Meinung, dass ich ohnehin den besten Job auf der ganzen Welt habe. Mit dem wunderbaren Verlag Diogenes im Gepäck, reise ich durch ganz Österreich und Südtirol und verkaufe die jeweils neuen Bücher für die kommenden Saisonen an alle Buchhandlungen, Museen und diversen anderen Shops. Ich besuche pro Vertreterreise an die 300 Kund:innen. Da kommen schon einige Kilometer zusammen. Verlage bringen meist 2x im Jahr eine neue Vorschau raus, was nichts anderes als eine Kollektion ist. Im Jänner, Februar und bis Mitte März verkaufe ich Neuerscheinungen, die im Frühjahr und Sommer rauskommen. Ab Mitte Mai bis ca. Mitte August bin ich wieder auf Achse und es geht um Novitäten, die im Herbst und Winter erscheinen.
Meine Aufgabe besteht nicht nur darin gut zu verkaufen. Es ist sehr ähnlich wie im Laden. Ich versuche herauszufinden, was die Buchhandlung braucht, welche Kund:innen sie haben, was besonders gut gehen könnte und welche Titel sie besser nicht in ihr Sortiment aufnehmen sollten. Gemeinsam werden Marketingaktionen geplant über eventuelle Lesungen mit unseren Autor:innen gesprochen und wir reden sehr viel über die Branche und die aktuelle Situation am Buchmarkt.
Mittlerweile bin ich seit 12 Jahren Vertreterin für den Verlag und in dieser Zeit sind mir meine Kund:innen sehr ans Herz gewachsen. Es entstehen Freundschaften und ich freue mich jedes Mal aufs Neue, wenn ich wieder in die Buchhandlung kommen darf. Ich kann noch immer sagen, dass das mein Traumjob ist. Ich hab kein Problem in fremden Betten zu schlafen, mal zwei Wochen nicht meinen Partner und meine Familie zu sehen verkrafte ich ganz gut, Auto fahren tu ich auch sehr gern (darf man das überhaupt noch schreiben?), manche Strecken fahre ich mittlerweile auch mit dem Zug (da kann man super arbeiten und lesen) und die Gespräche und Begegnungen bereichern mich. Außerdem sind Österreich und Südtirol einfach wunderschön und ich habe abends noch immer genug Energie dann schnell mal in einen See zu springen oder auf einen Hügel zu wandern. Oder was ich am Abend am liebsten mag, mich noch mit Buchhändler:innen zum Tratschen und Arbeiten verabreden.
Selbstverständlich lese ich das gesamte Programm meines Verlages, um es auch wirklich gut anbieten zu können und auch zu entscheiden: Passt es in diesen Laden in Götzis oder eher nicht. Aber in fast jedem Programm habe ich so einen ganz persönlichen Liebling, eine Entdeckung. Diesmal schwärme ich von dem neuen Roman von Charles Lewinsky „Rauch und Schall“. Ein richtig toller Schelmenroman, gute Unterhaltung und richtig lustig. Goethe kommt von einer sehr uninspirierten Schweizreise zurück und es geht einfach gar nichts mehr. Ja eine vollkommene Schreibblockade. Kein Buchstabe, von einem Satz kann er nur träumen. Die Auftragsarbeiten von den Kurfürsten stapeln sich auf seinem Schreibtisch und irgendwann ist er verzweifelt genug seinen verhassten Schwager Vulpius zu kontaktieren. Dieser nennt sich Schriftsteller, eine Zumutung wie Goethe meint. Doch letztendlich kann ihm Vulpius mit seiner groben und trashigen Art weiterhelfen und die Geschichte nimmt seinen Lauf. Für mich eine absolute Empfehlung im Herbst! Ihr könnt das Buch natürlich vorbestellen.
Diese Zeilen schreibe ich gerade in Innsbruck im Hotelzimmer. Nun wird es Zeit mich zusammenzupacken, heute habe ich noch sechs Kundentermine und am Abend treffe ich mich mit Vertreterkolleg:innen. Herrlich, mein Leben!
– Bettina