#4 Meine Geschichte mit Renate Welsh

#4 Meine Geschichte mit Renate Welsh

Die Bücher von Renate Welsh haben mich während meiner Jugendzeit begleitet, getröstet und begeistert. Die Schriftstellerin kann Gefühle so in Worte fassen, dass ich mich verstanden fühle, auch wenn ich gar nicht gemeint bin. Mein absolutes Lieblingsbuch war „Hoffnung mit Hindernissen“, das auch als „Fiona und Michael“ verlegt wurde. Hätte ich eine Tochter gehabt, würde sie Fiona heißen.  

Zum ersten Mal begegnet bin ich Renate Welsh bei einer Lesung in der Österreichischen Gesellschaft für Literatur. Ich habe mich angestellt, um mir das Buch „Großmutters Schuhe“ signieren zu lassen. „Es freut mich sehr, dass Sie jetzt auch für Erwachsene schreiben“, sagte ich zu ihr. Sie schaute mich an und meinte „Naja, Sie sind ja in der Zwischenzeit auch erwachsen geworden.
Bei einem Kinderbuchseminar, das ich nur wegen ihr gebucht hatte, konnte ich sie ein wenig kennenlernen. Renate hat uns Seminarteilnehmerinnen dann sogar einmal zu sich nach Hause in ihre stilvoll-gemütliche Altbauwohnung zum Kaffee eingeladen. Ich fühle mich heute noch privilegiert deswegen.
Dann habe ich eine Lesung mit Renate Welsh bei uns in der Seeseiten Buchhandlung organisiert. Bei Advent am See 2016 hat sie die Anwesenden mit Weihnachtsgeschichten aus „O‘ Du. Fröhliche“ bezaubert.

Wie groß war meine Freude, als 2021 „Die alte Johanna“ veröffentlicht wurde. Eine Fortsetzung von „Johanna“, das 1979 zum ersten Mal publiziert wurde. Wer die beiden Bücher noch nicht kennen sollte: Unbedingt lesen! Ich habe fast alle Bücher von Renate Welsh daheim, manche in verschiedenen Ausführungen. Von „Johanna“ habe ich drei Exemplare.

Mittlerweile ein Kinderbuchklassiker und Longseller von Renate Welsh ist das 1985 erstmalig erschienene „Vamperl“. Als Frau Lizzi von einer Kur nach Hause kommt, entdeckt sie in einem vermeintlichen Spinnennetz einen winzigkleinen Vampir in ihrer Wohnung. Sie zieht daraufhin ihr Vamperl mit der Flasche auf – mit Milch natürlich. Das Vamperl entwickelt sich und wenn ein Mensch in seiner Nähe zornig und böse wird, saugt es ihm mit einem Stich das Gift aus der Galle. Renate hat einmal in einem Interview erzählt, dass ihr das Vamperl während einer Autofahrt eingefallen ist. „Euch müsste man das Gift aus der Galle ziehen“, hat sie sich gedacht, als wieder einmal alle sinnlos gehupt und geschimpft haben.
Das zeitlose Vamperl wird immer noch in Schulen gelesen und natürlich haben wir es auch immer in den Seeseiten. Vor einiger Zeit kam ein Mädchen auf mich zu und rief: „Du hast mir das Vamperl empfohlen. Genau so ein Buch will ich wieder haben!“ Gibt es eine schönere Bestätigung?!

Brandneu ist jetzt die Erzählung „Ich ohne Worte“ im Czernin Verlag erschienen. Auf dem Buchumschlag steht: „Als mich der Schlag traf, war ich nicht dabei“, schreibt Renate Welsh über ihren Schlaganfall, den sie kurz vor der Hochzeit ihres Neffen in Italien erleidet. … eine äußerst mutige Geschichte über das Altern, das Erkranken und den hart erkämpften Weg zurück in ein selbstbestimmtes Leben.“

Wie alle ihre Bücher hat „Ich ohne Worte“ mich sehr berührt. Nicht nur inhaltlich, sondern vor allem auch wegen der einzigartigen Sprache, die sich Renate während ihrer Krankheit Schritt für Schritt sowohl verbal, als auch in ihrem Schreiben zurückerobert hat. Sie kann Gefühle immer noch so in Worte fassen, dass ich mich verstanden fühle, auch wenn ich gar nicht gemeint bin. Zitat von Seite 35: „Wenn meine Großmutter sagte, ‚Du und dein Großvater’, mit diesem zugleich genervten und liebevollen Unterton, dann hatte sie ein ganz besonderes Band zwischen ihm und mir bestätigt. Wir hatten zueinander, aber nicht einander gehört, das war ein großer Unterschied. Bedingungslos zugehörig.“

In dem schmalen Bändchen „Ich ohne Worte“ erzählt die 1937 geborene Schriftstellerin auch sehr viel über sich selbst und über das Leben an sich. Es ist trotz aller Schwere ein hoffnungsfrohes Buch. Was für ein Glück für alle Leserinnen und Leser, dass sie es geschrieben hat!

Viel Freude beim Lesen von Renate Welshs Büchern,
Silvia


Czernin 2023
978-3-7076-0786-4

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